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Glarner Kantonalbank kann auch ohne Staatsgarantie florieren

Hauptsitz der Glarner Kantonalbank in Glarus • Foto: Tapir

Regierungsratssitzung 1. Dezember 2020 • Der Regierungsrat beantragt dem Landrat die Aufhebung der Staatsgarantie für die Glarner Kantonalbank, eine Aufgabe der Mehrheitsbeteiligung sowie die Umwandlung in eine privatrechtliche Aktiengesellschaft. Geändert werden müssen dazu die Kantonsverfassung sowie das Kantonalbankgesetz, das eine Totalrevision erfahren soll.

Vorgeschichte

Die Glarner Kantonalbank (GLKB) wurde an der Landsgemeinde 1883 geschaffen. Seither versorgt sie die Bevölkerung und Wirtschaft mit banküblichen Dienstleistungen. In den 2000er Jahren verfolgte die Bank eine risikoreiche und umstrittene Wachstumsstrategie. Ein Wertberichtigungsbedarf von 96,8 Millionen Franken und Verlust von 56,8 Millionen Franken in der Jahresrechnung 2008 waren die Folge. Die Politik reagierte umgehend: Eine Eigentümerstrategie durch den Landrat 2008 sowie eine Änderung des Gesetzes über die Glarner Kantonalbank durch die Landsgemeinde 2009 wurden verabschiedet.

Wie eine externe Evaluation zeigt, wurde die Eigentümerstrategie von Bank und Kanton umgesetzt und hat sich bewährt. Die GLKB entwickelte sich günstig. Die Bank hat ihre Rentabilität und ihre Eigenmittel deutlich verbessert. Davon profitierte der Kanton, welcher Einnahmen von insgesamt über 77 Millionen Franken verbuchte. Als das wichtigste Element der Eigentümerstrategie bewährte sich die Professionalisierung und Entpolitisierung des Bankrates. Dadurch entstand das Klima, innerhalb dessen die Umsetzung der Vorgaben bezüglich Risikobeschränkung und Stärkung der Eigenmittel erfolgreich umgesetzt wurden. Ebenfalls positiv beurteilt wird die Verteilung der Risiken auf weitere Aktionäre und auf die Inhaber der nachrangigen Obligationen und Darlehen.

Wirtschaftliche Stellung der GLKB

Statistische Werte zeigen, dass die GLKB im Kanton eine starke Stellung einnimmt. Sie ist jedoch nicht systemrelevant und somit nicht «too big to fail». Die Marktanteile der GLKB in Bezug auf die einheimische Bevölkerung und Wirtschaft belaufen sich bei den natürlichen Personen auf mindestens 20 Prozent und bei den Firmen auf 67 bis 80 Prozent. Es gibt auf dem Markt eine Vielzahl von Banken und Versicherungen, die ihre Produkte regional oder im ganzen Land anbieten. Die Konkurrenz ist gross, es bestehen genügend Angebote, um eine Immobilie im Kanton Glarus zu finanzieren oder sein Vermögen anzulegen. Einzig der Glarner Unternehmenssektor ist aufgrund seiner kleingewerblichen Struktur etwas verletzlicher gegenüber Finanzierungsproblemen. Allerdings sind nur 6 Prozent der Firmen dringend auf die GLKB angewiesen. Das Ziel einer ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung der glarnerischen Wirtschaft und der Bevölkerung dank Versorgung mit Bankdienstleistungen ist auch ohne GLKB sichergestellt. Es braucht nicht einmal zwingend einen Leistungsauftrag für die Bank. Eine implizite Staatsgarantie gibt es auch deshalb nicht, weil die Finanzaufsichtsmarktbehörde FINMA vom Bundesgesetzgeber verpflichtet ist, im Bedarfsfall eine Bank zu retten oder zu sanieren. Das revidierte Bankensanierungs- und Bankeninsolvenzrecht räumt der FINMA weitreichende Kompetenzen ein. Sie hat in einem Worst-case-Szenario das Sagen und nicht die Eigentümer der Bank. Sie müssen ausführen, was FINMA anordnet und verfügt, um den Untergang einer Bank zu verhindern oder zu deren Gesundung beiträgt.

Umwandlung in eine privatrechtliche Aktiengesellschaft

Das Gesetz über die Kantonalbank soll eine Totalrevision erfahren. Die Kantonalbank soll in eine privatrechtliche Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Die Staatsgarantie wird abgeschafft und die bewährte Strategie der Entpolitisierung fortgesetzt. Der Kanton wird sich aus der strategischen Führung zurückziehen und seine Beteiligung am Aktienkapital von heute 68 Prozent schrittweise in eine Minderheitsbeteiligung reduzieren. Erhalten bleibt der Leistungsauftrag, wonach die GLKB zu einer ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung der glarnerischen Wirtschaft beitragen muss.

Kontrolle trotz Aufhebung der Mehrheitsbeteiligung

Der Kanton wird sich auf die Ausübung seiner Aktionärsrechte fokussieren, nicht aber die Kontrollmöglichkeit über seine Kantonalbank aus der Hand geben. Die heutige Mehrheitsbeteiligung von 68 Prozent soll sukzessive auf 33 Prozent reduziert werden. Eine Vinkulierungsbestimmung stellt sicher, dass der Kanton Glarus auch in Zukunft grösster Aktionäre der GLKB bleibt und nicht andere Investoren den Kanton Glarus majorisieren oder gar die Kontrolle über die GLKB erlangen. Das gleiche gilt für die Einhaltung des Leistungsauftrages. Es ist sichergestellt, dass auch künftig nichts verändert oder aufgehoben werden kann ohne Zustimmung des Kantons. Entsprechend sind auch die Übergangsbestimmungen vorgesehen.

Es sind Mehreinnahmen infolge Aufwertungsgewinne respektive Verkauf von Aktien zu erwarten, welche die Mindereinnahmen durch die Aufhebung der Staatsgarantie bei weitem kompensieren. Eine genaue Prognose des Gewinns ist zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht möglich.

Aufhebung der Staatsgarantie

Die Landsgemeinde 2009 machte die verbindliche Vorgabe, dass die Bank sich so zu positionieren hat, dass sie mittel- bis langfristig (fünf bis zehn Jahre) auf die Staatsgarantie verzichten kann. Bank und Kanton arbeiteten auf diesen Auftrag hin. Das externe Gutachten hält fest, dass die GLKB dank der seit 2008 erreichten Fortschritte ohne gesetzliche Staatsgarantie leben kann. Die GLKB kann die meisten Stress-Szenarien auch ohne Staatsgarantie überstehen.

Die Abschaffung der Staatsgarantie bringt vorübergehend Nachteile für den Kanton hinsichtlich Einnahmen mit sich, jedoch nicht für die Glarner Kunden. Das durchschnittliche Kontoguthaben der einheimischen Bevölkerung bei der GLKB beträgt rund 50'000 Franken. Dafür braucht es gar keine Staatsgarantie, weil in der Schweiz Einlagen bei jeder bis Bank bis 100'000 Franken geschützt sind.

Die Vorteile der Abschaffung überwiegen auch beim Kanton, weil er sich von einem finanziellen Risiko entlasten kann, falls die Bank wider Erwarten in arge Schieflage geraten sollte. Plausibilitätsberechnungen zeigen, dass die Inanspruchnahme der Staatsgarantie den Kanton eine Summe von 300 bis 350 Millionen Franken kosten könnte. Überspitzt formuliert: Würde die GLKB Konkurs gehen und müsste der Kanton Glarus die Verbindlichkeiten der Bank garantieren, wäre die Bank gerettet, der Kanton dafür bankrott. Daneben wäre mit gravierenden volkswirtschaftlichen Folgen zu rechnen. Die Steuern müssten erhöht und die Ausgaben gesenkt werden. Der Verlust an Attraktivität würde zu einer Abstimmung «mit den Füssen» führen, indem Unternehmen sowie gute Steuerzahler wegziehen, Arbeitsplätze verschwinden und die Immobilien im Wert fallen.

Risiko Staatshaftung

Finanzielle Gefahr droht dem Kanton, wenn einerseits die Abschaffung der externen Staatsgarantie zu einer impliziten Staatshaftung würde. Andererseits gilt es zwei rechtliche Risiken – Haftung aus aktienrechtlicher Verantwortung und Vertrauenshaftung – zu beachten. Der Wechsel von der Eigentümer- zu einer Beteiligungsstrategie zeigt Lösungen, wie diesen Gefahren vorgebeugt wird. Die Beteiligungsstrategie bildet die strategischen Ziele und Rahmenbedingungen des Kantons in Bezug auf seine Finanzbeteiligung an der GLKB ab. Sie beinhaltet die Entscheidkriterien für die Ausgestaltung und den Fortbestand der kantonalen Beteiligung. Der Regierungsrat definiert den ordnungspolitischen Rahmen sowie die Kriterien für den Erwerb und die Veräusserung bzw. den Umfang der Beteiligung. Gleichzeitig dient die Beteiligungsstrategie dem Kanton dazu, periodisch die Notwendigkeit und Zweckmässigkeit seiner Beteiligung zu überprüfen. Sie gibt somit namentlich Auskunft über die strategischen Ziele und den Zweck, den der Kanton mit der Beteiligung verfolgt. Sie enthält auch Aussagen zur Art und zum Umfang der Beteiligung und Risikoüberlegungen in Bezug auf die kantonale Beteiligung.

Vorlage geht nun an den Landrat

Die Vorlage stiess in der Vernehmlassung grossmehrheitlich auf Zustimmung. Insbesondere die Abschaffung der Staatsgarantie wurde bis auf eine Ausnahme von allen Vernehmlassungsteilnehmern begrüsst. Umstritten war einzig der Umfang der Kantonsbeteiligung. Um den Bedenken hinsichtlich einer Minderheitsbeteiligung des Kantons Rechnung zu tragen, sieht der Regierungsrat in der überarbeiteten Vorlage eine Vinkulierungsbestimmung vor. Diese verhindert, dass ein anderer Aktionär mehr als 10 Prozent der Stimmrechte erwerben kann und der Kanton allenfalls majorisiert werden könnte.

Der Regierungsrat beantragt dem Landrat, die umfangreiche Vorlage mit Änderungen in der Kantonsverfassung und des Kantonalbankgesetzes der Landsgemeinde zur Zustimmung zu unterbreiten.

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