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Aktionsplan zur Gleichstellung der Geschlechter im Kanton Glarus – Regierung sendet positive Signale

Ansprachen und Musik im Volksgarten Glarus am Frauenstreiktag, 14. Juni 2019. • Foto: Huber, Glarus24.ch

Regierungsratssitzung 24. September 2019 • In einer Petition forderte ein Frauenstreikkomitee einen Aktionsplan zur Gleichstellung der Geschlechter im Kanton Glarus. Der Regierungsrat ist dazu bereit, steht aber zusätzlichen Strukturen kritisch gegenüber.

Am 14. Juni 2019 war nationaler Frauenstreiktag. In Glarus übergab ein Frauenstreikkomitee eine von 800 Frauen und Männern unterschriebene Petition an Regierung und Landrat. Darin wurde festgestellt, dass der Kanton Glarus in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter noch Aufholbedarf habe. Gefordert wurde insbesondere eine Fachgruppe, die eine Strategie und einen Aktionsplan Gleichstellung ausarbeiten soll.

Die Regierung nimmt nun dazu Stellung. Sie zeigt auf, dass die Anliegen der Gleichstellung ernst genommen werden und auch schon Wesentliches erbracht wurde. Mit den Petitionärinnen ist die Regierung aber einig, dass die vollständige Gleichstellung noch nicht erreicht ist. Die Regierung steht einer Ausarbeitung eines Aktionsplanes nicht ablehnend gegenüber und ist bereit, dafür auch zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Dies habe aber im Rahmen bestehender Strukturen zu erfolgen.

Stellungnahme zu den einzelnen in der Petition aufgeführten Zielen:

Herstellung von Lohntransparenz und Lohngleichheit in Verwaltung und staatsnahen Betrieben

Der Regierungsrat bemüht sich seit langem, die Lohngleich­heit in der kantonalen Verwaltung sicherzustellen. Er hat schon 2015 zehn Grundsätze der Lohnpolitik formuliert, die bei der Lohnfindung und Lohnent­wicklung der Mitarbeitenden Anwendung finden. Ein Grundsatz lautet: «Die Lohnpolitik diskriminiert niemanden». Das Lohnsystem und die Lohnmodelle sind so gestaltet, dass die in der Bundesverfassung verankerte Lohngleichheit gewähr­leistet wird. Die Lohngleichheit betrifft nicht nur die Geschlechter, sondern ist auch in Bezug auf andere persönliche Merkmale wie Alter, Herkunft, Staatsangehörigkeit, Behinderung oder den Arbeitsumfang – auch beim Kanton arbeiten viele Frauen Teilzeit – zu garantieren.

Die Lohngleichheit wird regelmässig überprüft und veröffentlicht. Die Resultate zeigen, dass die Lohngleichheit sowohl bei den Verwaltungsangestellten wie auch bei den kantonalen Lehrpersonen gewährleistet ist: Bei ansonsten gleichen Bedingungen verdienten Frauen 2017 1,3 Prozent und 2012 1,5 Prozent weniger als die Männer. Bei ansonsten gleichen Bedingungen verdienten weibliche Lehrpersonen 2017 0,7 Prozent und 2012 1,7 Prozent weniger als männliche Lehrpersonen. Es wird davon ausgegangen, dass Lohngleichheit zwischen Frau und Mann gewährleistet ist, wenn das Ergebnis der festgestellten geschlechtsspezifischen (nicht erklärbaren) Lohnungleichheit kleiner als die festgelegte Toleranzschwelle von 5 Prozent ist bzw. nicht signifikant darüber liegt. Für 2020 ist die nächste Lohngleichheitsprüfung geplant.

Der Regierungsrat ist dezidiert der Auf­fassung, dass die öffentliche Verwaltung in Sachen Lohntransparenz und Lohngleichheit mit positivem Beispiel vorangehen und eine Vorbildfunktion wahrnehmen muss.

Eine deutliche Erhöhung des Frauenanteils in politischen, amtlichen und wirtschaftlichen Führungspositionen

Wie auch die Gleichstellungskommission erachtet der Regierungsrat diese Forderung als gerecht­fertigt. Von den 80 Führungspositionen in der kantonalen Verwaltung sind ein Fünftel durch Frauen besetzt. Mit einem Frauenanteil von 20 Prozent steht die kantonale Verwaltung im Vergleich mit anderen Kantonen gut da. Aufgrund der flachen Hierarchien in der kantonalen Verwaltung und den teils sehr kleinen Führungseinheiten müssen die Führungsverantwort­lichen selber auch den hohen fachspezifischen Anforderungen genügen, um anspruchsvolle Sach- und Fachaufgaben adäquat erledigen zu können. Es zeigen sich grosse Unterschiede zwischen den Berufsbildern. So beträgt 2018 der Frauenanteil im Kader des Departements Bildung und Kultur 42,9 Prozent (Frauenanteil gesamthaft 65 %), im Departement Bau und Umwelt hingegen nur 10 Prozent (Frauenanteil gesamthaft 30 %) und im Departement Sicherheit und Justiz 14,3 Prozent (Frauenanteil gesamthaft 36 %). Die Einführung einer festen Quote, wie dies grosse Kantone gemacht haben, macht für den Regierungsrat keinen Sinn. Vielmehr soll bei gleicher Qualifikation einer Frau der Vorzug gegeben werden.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für alle

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist dem Regierungsrat ein grosses Anliegen. So bietet er seinen Mitarbeitenden verschiedene Konzepte für eine zeitgemässe Arbeitszeit­gestaltung an. Dazu gehören die verwaltungsweite Jahresarbeitszeit ohne Blockzeiten, ein Angebot an Arbeitszeitvarianten, bei welchen durch Reduktion des Lohnes zusätzliche Ferientage gekauft werden können sowie die Möglichkeit zur Einrichtung eines Langzeit­kontos zum gezielten Ansparen und späteren Bezug von Ferienguthaben. Ausserdem gibt es die Möglichkeit von Home Office. Zudem bietet der Kanton eine grosse Anzahl von Teilzeitstellen an. 2018 arbeiteten knapp über 40 Prozent aller Mitarbeitenden Teilzeit, und das Angebot an Teilzeitstellen wächst. Nach wie vor bestehen jedoch deutliche geschlech­terspezifische Unterschiede: 70 Prozent der angestellten Frauen arbeiten in einer Teil­zeitanstellung. Wenn es organisatorisch möglich ist, wird Frauen nach dem Mutter­schaftsurlaub eine Tätigkeit mit reduziertem Pensum im angestammten Aufgabenbereich ermöglicht. Der Wunsch nach einer Reduktion des Arbeitspensums aufgrund einer Vaterschaft ist bei den angestellten Männern noch wenig ausgeprägt. Bei der Rekrutierung von Fachleuten zeigt sich jedoch eine gewisse Tendenz dazu, dass junge und hochqualifizierte Personen bevorzugt in einem Teilzeitpensum von idealerweise 80 Prozent arbeiten wollen. Der Kanton ist diesbezüglich an guten Lösungen interessiert,

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine Herausforderung, welche die ganze Familie betrifft. Die Lösungsmodelle sind genauso vielfältig wie die verschiedenen Ansprüche und Voraussetzungen der Haushalte. Heutzutage genügt ein Erwerbseinkommen immer öfter nicht mehr, sodass die Erwerbstätigkeit beider Eltern notwendig wird. Weiter verfügen Frauen heute immer öfter über eine gute Ausbildung und möchten deshalb wegen der Familie nicht gänzlich auf die Berufstätigkeit verzichten.

Im Volksschulbereich (vom Kindergarten an) ermöglicht es die Blockzeitenregelung, an den Vormittagen zu arbeiten. Zusätzliche Möglichkeiten bieten die schulergän­zenden Angebote im Rahmen der Kinderbetreuung. Die Gemeinden sind verpflichtet, ein bedürfnisgerechtes Angebot zur Verfügung zu stellen und dieses finanziell zu unterstützen.

Im Vorschulbereich sind die Angebote zur Kinderbetreuung (Kinderkrippen, Tagesmütter) noch nicht überall in genügender Anzahl vorhanden. Ausserdem sind die Angebote verglichen mit anderen Kantonen für die Erziehungsberechtigten eher teuer. Im Auftrag des Regie­rungsrates erarbeitet das Departement Bildung und Kultur ein Konzept zur frühen Kindheit. Dieses Konzept legt die strategische Ausrichtung einer Politik der frühen Kindheit des Kantons sowie mögliche Angebote für Eltern und deren Kinder im Vorschulalter fest. Der Kanton Glarus will ein attraktiver Wohnkanton für Familien mit kleinen Kindern sein. Durch die geplanten Angebote sollen die Eltern in ihren Erziehungs- und Betreuungsaufgaben unterstützt und gestärkt werden. Parallel zur Erarbeitung des Konzeptes wird das aktuelle Tarifsystem für die Betreuung der Kinder überprüft. Es geht dabei auch darum, zusätzliche Betreuungsplätze zu schaffen und den Kostenanteil der Erziehungsberechtigten zu senken.

Aufwertung und Stärkung der traditionellen weiblichen Berufe, speziell im Gesundheitswesen – durch sozialverträgliche Strukturen

Dem Regierungsrat ist klar, dass die kantonale Ver­waltung mit gutem Beispiel vorangehen und eine Vorbildfunktion wahrnehmen muss. Die Umsetzung von entsprechenden Massnahmen in staatsnahen oder privaten Betrieben liegt letztlich aber in deren Verantwortung. 

Aufwertung der Teilzeit- / Care- / Freiwilligenarbeit mit dem Ziel, allen den Aufbau einer würdigen Altersvorsorge zu ermöglichen

Der Regierungsrat anerkennt die zentrale Bedeutung der in der Regel unentgeltlichen Care- und Freiwilligenarbeit, die zahlreiche Frauen heute leisten. Im Rahmen seiner eigenen Möglichkeiten ist der Regierungsrat bemüht, diese aufzuwerten und ihr die gesellschaftliche Anerkennung zukommen zu lassen, die sie verdient. So sieht der Regierungsrat im geplanten Pflege- und Betreuungsgesetz eine stärkere Unter­stützung von pflegenden und betreuenden Bezugspersonen und der Freiwilligenarbeit im Bereich Pflege und Betreuung vor. Zudem sollen auch Tages- und Nachtstrukturen gefördert werden, womit pflegende Bezugspersonen entlastet werden können.

Zudem hat die Glarner Pensionskasse, die nebst Kanton, Glarner Kantonalbank, Kantonsspital und Lehrpersonen auch die Gemeinden (mit Ausnahme von Glarus Nord) versichert, bereits vor längerer Zeit die Eintrittsschwelle für die Versicherung gesenkt, um auch Teilzeitarbeitende früher und besser versichern zu können.

Herstellung von Genderkompetenz beim Staatspersonal auf Stufe Kader, Ausbildung und Bildung

Die Zusammenarbeit in gemischten Teams wird gefördert, denn durch den täglichen Austausch lernt man viel über relevante Geschlechteraspekte und muss sich damit auseinandersetzen. Gemischte Teams werden auch von den Mitarbeitenden geschätzt und von den Führungsleuten gefördert. Der Erwerb von Genderkompetenz erfolgt on-the-job. Das Geschlecht soll aber nicht isoliert  betrachtet werden, sondern immer in einer Wechselwirkung mit weiteren sozialen Kategorien wie Alter, Hautfarbe, ethnischer Herkunft, Behinderung oder Beeinträchtigung, sexuellen Orien­tierungen, Religion oder Weltanschauung.

Erstellung geschlechterspezifischer Statistiken für den Kanton

Die kantonale Verwaltung erstellt seit 2014 ein Reporting Personalmanagement mit Personalkennzahlen. Dieses beinhaltet auch geschlechterspezifische Auswertungen. Die wichtigsten Kennzahlen dazu finden sich in den jährlichen Tätigkeitsberichten des Regierungsrates, der Gerichte und der kantonalen Verwaltung.

In der Bildungsstatistik werden geschlechterspezifische Auswertungen vorge­nommen. Auf der entsprechenden Website (aktuell in Erarbeitung, in Kürze fertig­gestellt) können sowohl bei den Lernenden wie auch bei den Lehrpersonen unterschiedliche Statistiken eingesehen werden.

Stellungnahme zur Einberufung Fachgruppe mit Auftrag für eine Strategie und einen Aktionsplan Gleichstellung

Die Landsgemeinde 1996 schaffte die Voraussetzungen für die Berufung einer kantonalen Gleichstellungskommission. Zu deren zentralen Aufgaben gehören die Beratung und Sensibilisierung des Regierungsrates, der kantonalen Verwaltung sowie der Bevölkerung, die Erstellung von Berichten und Stellungnahmen, die Unterbreitung von Vorschlägen für eine ausgewogene Geschlechtervertretung in ausserparlamentarischen und verwaltungs­externen Kommissionen sowie die Initiierung und Unterstützung von Projekten zur Förderung der Gleichstellung.
Die Gleichstellungskommission weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass sie in ihren Ressourcen beschränkt und in ihrer Unabhängigkeit eingeschränkt sei. Für die Ausarbeitung längerfristiger Strategien und Aktionspläne sei sie daher wenig geeignet. Sie unterstützt die Einberufung einer unabhängigen Fachgruppe.
Der Regierungsrat fragt sich aber, ob dies der richtige Weg ist. Aus seiner Sicht sind die bestehenden Strukturen zu nutzen, die über notwendiges Fachwissen verfügen. Den Aufbau separater Strukturen erachtet er als weniger zielführend, zumal sich die Aufgaben­stellung der Gleichstellungskommission und einer solchen Fachgruppe überschneiden würden.

Der Regierungsrat ist jedoch bereit, zusätzliche finanzielle Mittel für eine externe Unter­stützung der Gleichstellungskommission, die für diese Aufgabenstellung auch erweitert werden könnte, zur Verfügung zu stellen.

Stellungnahme der Gleichstellungskommission des Kantons Glarus zur Petition «Gleichstellung der Geschlechter im Kanton Glarus»

Die Bemühungen und die positiven Ergebnisse zur Lohngleichheit in Verwaltung und staatsnahen Betrieben sind zu würdigen. Allerdings lehnte es der Kanton kürzlich ab, die von Bund initiierte Charta Lohngleichheit im öffentlichen Sektor zu unterzeichnen. Es wäre vorbildlich, würde sich der Kanton auch für eine Lohngleichheit bei staatsnahen Betrieben einsetzen und dies mit der Unterzeichnung der Lohncharta verifizieren.

Die Gleichstellungskommission bemüht sich durch die Initiierung und Unterstützung von Kampagnen und Projekten zur Gleichstellung, die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen zu fördern. Aufgrund begrenzter Ressourcen kann aber nur punktuell angesetzt werden. Aktuell setzt sich die Gleichstellungskommission mit der Kampagne «30 Männer sind genug. 30 Frauen auch». für einen höheren Frauenanteil im Landrat ein. Was wirtschaftliche Führungspositionen anbelangt, so zeigt sich der Austausch mit Unternehmen schwierig. Aber auch im Kanton sind Frauen in Führungspositionen nach wie vor in der Minderheit. Die Forderung nach einer deutlichen Erhöhung ist daher auch aus unserer Sicht gerechtfertigt.

Einer der langfristigen Entwicklungsschwerpunkte des politischen Entwicklungsplans 2020-2030, den der Regierungsrat am 6. Februar 2018 genehmigt hat, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Bereits an der Landsgemeinde 2015 wurden die Änderungen des Gesetzes über Schule und Bildung verabschiedet, mit welcher die Motion «Förderung von Kinderkrippen» umgesetzt wird. Mit einem entsprechenden Beitragsregime soll gewährleistet werden, dass der zusätzliche Verdienst des zweiten Elternteils nicht durch Kinderbetreuungskosten neutralisiert wird, wodurch sich der Anreiz für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erhöht. Mit einer guten Betreuung kann die Integration der Kinder gefördert, mit dem Wiedereinstieg der Mütter in die Berufstätigkeit der Fachkräftemangel gemindert werden. Die Förderung von Kinderkrippen ist ein erster und wichtiger Schritt zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dazu gehört selbstverständlich auch die Aufwertung der männlichen Teilzeitarbeit. Die Gleichstellungskommission des Kantons Glarus bearbeitet das Thema Teilzeitmann seit mehreren Jahren.

Es ist eine staatliche Aufgabe, durch verbesserte Information und stärkere Impulse bei den entsprechenden gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren ein allgemeines Umdenken in Gang zu setzen, um den veränderten Familienstrukturen und der damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen besser Rechnung zu tragen. So könnten beispielsweise kantonal geförderte betriebswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analysen familienfreundlicher Massnahmen in Unternehmen oder sogar Zertifizierungen als familienfreundliche Unternehmen angestrebt werden.

Traditionell weibliche Berufe vor allem im Pflegebereich haben Aufwertungsbedarf in vier Bereichen: Personalbemessung, Lohn, Arbeitszeit, berufliche Entwicklung. Die Gleichstellungskommission ist der Ansicht, dass die berufsspezifische Aufwertung Aufgabe von Personalvertretern und Arbeitgeberorganisationen ist.

Frauen leisten jährlich unbezahlte Arbeit im Wert von 248 Milliarden Franken. Die aktuellen Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen, dass sechs von zehn Frauen nur Teilzeit arbeiten. Sie verrichten für die Gesellschaft notwendige Arbeiten wie Kinder grossziehen oder ältere Verwandte pflegen. Eine Anerkennung dieser Arbeit ist ein Gebot der Fairness. Mit Teilzeit-, unbezahlter Care- und Freiwilligenarbeit steigt aber das Risiko der Altersarmut für Frauen: Gemäss einer Studie des Bundesamts für Sozialversicherungen haben Frauen im Schnitt 37% tiefere Renten als Männer.

Im Entwurf zum neuen Pflege- und Betreuungsgesetz ist vorgesehen, dass der Kanton und die Gemeinden für die Anerkennung und Förderung der Freiwilligenarbeit im Bereich Pflege- und Betreuungsversorgung sorgen und entsprechende Projekte fördern und unterstützen können. Der Kanton will damit die Selbsthilfe und Freiwilligenarbeit stärken. Dies kann über Beiträge an Bezugspersonen, die Kurse in der Grundpflege und Betreuung absolvieren oder Angehörige betreuen, erfolgen. Die Problematik der ungenügenden Altersvorsorge vieler Frauen, welche unbezahlte Arbeit in grösserem Umfang leisten, ist damit nicht gelöst.

Das kritische Hinterfragen von Geschlechterrollen und dem eigenen Verständnis diesbezüglich, die Förderung von Genderkompetenz, hat individuellen und organisationalen Nutzen: Genderkompetenz ist integraler Bestandteil von sozialer Kompetenz und erweitert Handlungskompetenzen im beruflichen und privaten Kontext. Sie ermöglicht das Gestalten von Situationen derart, dass Ausgrenzung, Diskriminierung und eine Fixierung auf Rollenbilder vermieden werden und die Anerkennung der Vielfalt geschlechtlicher Existenzweisen möglich ist. Als Folge haben genderkompetente Organisationen gelernt, unausgesprochene Annahmen zu Normalitäten zu hinterfragen. Das macht sie flexibler und innovationsbereiter. Zwar hat die Kommission mit einzelnen Anlässen (beispielsweise zum Thema Transgender) sich des Themas angenommen, es bleibt aber eine pendente Aufgabe.

Die Landsgemeinde 1996 schaffte die Voraussetzungen für die Berufung einer kantonalen Gleichstellungskommission. Zu deren zentralen Aufgaben gehören die Beratung und Sensibilisierung des Regierungsrates, der kantonalen Verwaltung sowie der Bevölkerung, die Erstellung von Berichten und Stellungnahmen, die Unterbreitung von Vorschlägen für eine ausgewogene Geschlechtervertretung in ausserparlamentarischen und verwaltungsexternen Kommissionen sowie die Initiierung und Unterstützung von Projekten zur Förderung der Gleichstellung. Die Gleichstellungskommission repräsentiert aber die Glarner Bevölkerung nicht und ist als Kommission in ihren Ressourcen und ihrer Unabhängigkeit eingeschränkt. Für die Ausarbeitung längerfristiger Strategien und Aktionspläne ist sie daher wenig geeignet. Die Einberufung einer unabhängigen Fachgruppe oder die Umwandlung der Gleichstellungskommission in eine Fachstelle ist daher zu empfehlen.

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