Direkt zum Inhalt springen

Brief an US-Präsident Gerald Ford-Bloom

Der Glarner Bibliothekar Josef Anton Müller war mit Selbstvertrauen gesegnet: Betreuer der Genealogie des Landes Glarus, in bürgerlichen Ehren und Rechten stehend und nicht zuletzt Wachtmeister der Schweizer Armee. Also schien es als Unteroffizier naheliegend, sich direkt an den Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte, Gerald Ford, zu wenden. Ob der 38. Präsident der Vereinigten Staaten 1975 kurz nach Amtsantritt infolge Watergate-Affäre Zeit für ein Antwortschreiben an Josef Anton Müller hatte, wissen wir nicht. Jedenfalls ist im Landesarchiv des Kantons Glarus keine Rückmeldung auffindbar. Die Anfrage ist aber unterhaltsam. Und wäre es bei positivem Befund nicht sogar zum Staatsbesuch des US-Präsidenten gekommen, am besten natürlich als Ehrengast bei der Landsgemeinde?

Mit Josef Müller ist nun ein Mann ins Rentenalter eingetreten, der die Bibliothek gerne […] die ‹Arzneistube der Seele› nannte

Josef Anton Müller (von Näfels, geb. 10.11.1919, gest. 16.04.2005, verheiratet mit Margrith aus der Familie Landolt-Fischli und Vater von zwei Töchtern, am 15.11.2002 zum Ehrenbürger der Gemeinde Näfels ernannt) arbeitete ab 1965 als Sekretär des Landesbibliothek Glarus und bestand am 26.09.1970 erfolgreich die Attestprüfung der Vereinigung schweizerischer Bibliothekare, mit einer Durchschnittsnote von 5,6 (gemäss Pressemitteilung Bibliothekskommission Kanton Glarus). Der Amtsbericht vermeldete dessen ordentliche Pensionierung per Ende 1984 mit zusätzlicher Würdigung: «Mit Josef Müller ist nun ein Mann ins Rentenalter eingetreten, der die Bibliothek gerne […] die ‹Arzneistube der Seele› nannte.» Über dessen Betätigung gibt im Landesarchiv des Kantons Glarus ein Sammlungsbestand Aufschluss. Unter anderem stellte Josef Anton Müller detaillierte Stammbäume zusammen, welche Aufschluss zur Familiengeschichte jeweils anfragender Personen vermittelten. Seine Wissensquelle war das Genealogien-Werk des Kantons Glarus, zusammengestellt von Johann Jakob Kubli-Müller, das - inzwischen im Landesarchiv statt in der Landesbibliothek platziert - auf reges Interesse stösst: Die zahlreichen grossformatigen Bände enthalten handschriftliche, systematisch zusammengestellte Einträge aus sämtlichen Kirchenbüchern im Kanton Glarus. Nebst den einheimischen Interessenten besuchen beispielsweise Amerikaner mit Glarner Vorfahren (New Glarus etc.) bei Europareisen oft das Landesarchiv, um Einträge betreffend Ihre Vorfahren zu sichten, zurück bis ins Jahr 1600 (eine für US-Verhältnisse weit zurückliegende Geschichtsepoche, als noch nicht einmal die Gründerpilgerväter ihre Füsse auf heutigen US-Boden gesetzt hatten). Insofern durfte sich also Bibliothekar Müller mit seinem Brief betreffend allfällige Glarner Vorfahren der Präsidenten-Gattin durchaus Hoffnung auf Interesse bei seinem Gegenüber machen. Und es ist gut möglich, dass diese Präsidenten-Gemahlin Glarner Vorfahren hatte, was sich aber nur in den USA verifizieren liesse. Bis zur allfälligen Lösung dieser Frage bleibt unsere Anfrage an US-Präsidenten Ford das einzige Indiz.

Verwendete Quellen: LAGL GE 20 Genealogie Näfels-Oberurnen, Eintrag Müller Nr. 744 (darin auch eingeklebte Pressemitteilung betreffend Prüfungsattest Josef Anton Müller) / Amtsbericht Kt. GL 1984 S. 149 betr. Pensionierung Bibliothekar / LAGL GES-2:19 Dossier Blum, US-Präsident Gerald Ford-Bloom, Weisses Haus Washington (darin keine weiteren Indizien); Briefdurchschlag und Couvert nur schwarz/weiss und entsprechend gescannt).

Brief an US-Präsident Gerald Ford  [PDF, 124 KB]