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Schweifen, falzen und löten

Selina Landolt erledigt alle Arbeiten in der Spenglerei gerne. • Foto: Tina Wintle

Der Public Newsroom www.gl.ch zeigt regelmässig ein Portrait aus der «Glarner Woche». Diesmal beweist Selina Landolt, dass es machbar ist, als Frau Spenglerin zu werden.

Am liebsten ist Selina Landolt auf Steildächern unterwegs. Da könne man – anders als auf Flachdächern – die klassischen Grundarbeitstechniken des Spenglerberufes wie Schweifen oder Falzen am besten ausführen. Es sei immer noch sehr aussergewöhnlich, wenn sie den Leuten erzähle, dass sie eine Lehre als Spenglerin mache.

«Meistens schauen mich die Leute dann komisch an, weil sie denken, dass dies rein physisch gar nicht möglich ist, als Frau den Beruf Spenglerin zu erlernen.»

Selina Landolt ist der Beweis dafür, dass es absolut machbar ist, als Frau Spenglerin zu werden. Für sie war es anfangs jedoch schon eine Umstellung vom Büro zum Handwerk.

Spenglerin ist nicht Selina Landolts erste Berufswahl. Ihre erste Lehre hat sie als Kauffrau in einem Industriebetrieb in Netstal absolviert, was für sie eine lehrreiche Zeit war. Allerdings merkte sie, dass ihr die Bewegung in der Natur fehlte. «Ich spürte nach meinem Bürotag immer einen unglaublichen Drang, mich am Abend bewegen zu müssen.» Nach der KV-Lehre fand sie nicht gleich eine passende Anstellung, also half sie im Betrieb ihres Vaters, der Firma casa-technica in Näfels, im Team der Dachdecker mit. Diese Arbeit sagte ihr weniger zu und so wechselte sie für eine kurze Anstellungsdauer ins Office-Team.

Dabei kam Selina Landolt in Kontakt mit der Spenglerabteilung und merkte, dass das die Arbeit war, die ihr gefällt. Heute ist sie bereits im zweiten Lehrjahr von insgesamt drei. Im Spengler-Team habe sie sich immer akzeptiert und willkommen gefühlt. Die Situation als Tochter des Chefs war anfangs aber nicht immer ganz einfach.

Selina Landolt erledigt alle Arbeiten gerne. Zudem wurde die gesamte Spenglerei modernisiert und auf digitale Technologie umgestellt, was grosse Vorteile mit sich bringt: Die Arbeiten können einfacher und effizienter erledigt werden.

In der Berufsschule in Pfäffikon ist sie nebst den sieben Mitschülern die einzige Frau. Insgesamt sind es also nur gerade acht Jugendliche aus den Kantonen Glarus und Schwyz, die Spengler werden möchten. Ihr Berufsschullehrer pflegte zu sagen, dass pro Klasse jeweils eine Frau unter den Spenglern sei. Die Klassengrösse zeigt, dass Spengler ein vom Aussterben bedrohter Beruf ist.

Der schweizerische Berufsverband suissetec versucht mit Informations- und Werbeanlässen an Schulen künftige Lehrlinge und vor allem auch Frauen für den Beruf, bei dem man schwindelfrei sein sollte, zu begeistern.

Respekt hatte sie anfangs vor den Fächern Mathematik und Geometrie. Kenntnisse, die ein Spengler für seine Arbeit abrufen können muss. Auch ihre Hände hätten anfangs gelitten: «Man muss erst lernen, mit dem Material umzugehen, damit man sich nicht ständig verletzt», sagt sie heute lachend über ihre Anfangszeiten.

Obwohl Selina Landolt nun tagsüber nicht mehr auf dem Bürostuhl sitzt, zieht es sie abends in die Natur zu ihrem Pferd ins Zürcher Oberland. «Reiten gehört zu meinen Hobbys seit meiner Kindheit. Mein Pferd gibt mir Energie für den Alltag.» An den Wochenenden verbringt sie meist viel Zeit mit ihrem Pferd an Turnieren. Zudem ist sie aktiv im Vorstand des Reitverein Glärnisch. Da bleibe oft nicht mehr viel Zeit übrig, Familie, Freund und Pferd unter einen Hut zu bringen. Selina Landolt wünscht sich, dass sich mehr Jugendliche, insbesondere Frauen entscheiden würden, einen handwerklichen Beruf zu erlernen. «Seit ich meinen Weg gefunden habe, bin ich glücklicher und ausgeglichener.»

Persönliches 

Beruf: Kauffrau EFZ, Angehende Bauspenglerin EFZ

Liebster Ort im Kanton und in der Welt: Klöntal

Grösstes Anliegen: Mehr Spenglerinnen braucht die Welt!

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